Wildtierfotografie – Tipps für Einsteiger

Wildtiere fotografieren macht riesigen Spaß! Doch was gibt es zu beachten, wie sollte ich mich verhalten und welche Ausrüstung benötige ich. Wir geben ein paar Tipps zum Einstieg in die Wildtier-Fotografie.

Tiere fotografieren im Zoo ist das Eine, draußen in der Natur aber etwas ganz Anderes. Ein paar weit entfernte Rehe auf der Wiese sind noch relativ leicht zu erwischen, schwieriger wird es, wenn du Schwarzwild, Füchse, Vögel oder andere einheimische Tiere formatfüllend ablichten möchtest.

Wieso setzen sich Affen im Zoo Papiertüten auf?

Wieso setzen sich Affen im Zoo Papiertüten auf?

Wir sind weder professionelle Fotografen, geschweige denn Wildtier-Fotografen! Aber es macht uns sehr viel Spaß und deshalb hier die Dinge, die wir als Einsteiger gelernt haben.

Spezial-Tipp: Seehunde und Kegelrobben eignen sich wunderbar als Einsteiger-Fotomodelle – meist halten sie stiller, als der Fotograf es wünscht. Dazu später mehr…

Grundregeln der Wildtier-Fotografie

Auch wenn es für Tiere in Gefangenschaft sicher nicht besonders schön ist, den ganzen Tag durch Gitterstäbe oder Glasscheiben angestarrt zu werden, so sind sie zumindest meist daran gewöhnt und selbst hektische Bewegungen in „der Außenwelt“ lösen in ihren abgestumpften Sinnen keine Angst oder Fluchtreflexe mehr aus. (Leider!)

Bei wilden Tieren ist es anders. Doch wenn man sich an ein paar Spielregeln hält, bekommt man super Fotos entspannter Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum:

1. Es gibt kein Recht auf ein Foto

Es klingt so banal und ist doch so schwer – man steht früh auf, friert sich in der Kälte die Finger ab und – nichts passiert. Aber man will dieses verdammte Foto machen. So läuft das nicht. Du hast kein Recht auf ein Foto, du kannst es weder erzwingen noch erkaufen. Du kannst es dir nur verdienen. Ein gutes Motto: „Du kannst das Spiel nicht gewinnen, du kannst es nur spielen!“

2. Geduld ist King

Obwohl manche Fotografen sicher etwas anderes glauben, braucht man sich kein Super-Wahnsinns-Teleobjektiv kaufen und auch keine 100-Megapixel-Kamera. Was man braucht: Geduld, Geduld und vor allem… Geduld!

Mit Geduld erreicht man alles!

Mit Geduld erreicht man alles! (Canon 50mm 1.8)

Wenn man die nicht hat, nützt einem die millionenteure Ausrüstung nichts.

3. Kenne deine Motive

Klingt auch ziemlich banal, aber denke drüber nach: Jedes Tier ist anders, hat einen anderen Lebensraum, Gewohnheiten, Ängste, Verhalten usw. Rückt man wilden Tieren zu nah auf die Pelle, reagieren sie mit Flucht oder Verteidigung. Während wohl kaum ein Fall bekannt ist, wo eine Rehkuh ihr Kitz verteidigt, werden mehr Menschen weltweit von aufgebrachten Elchkühen verletzt als von Löwen und Tigern zusammen!

4. Es gibt nur „ein“ gutes Wildtier-Foto

Welches Tier in seinem Lebensraum fotografiert wird und wie das Foto hinterher aussieht, ist vom Interesse, Wunsch, Können und Geschmack des Fotografen abhängig. Ein „gutes“ Foto ist es aber nur, wenn das Tier davon nichts mitbekommt.

Was gibt es schöneres als ein gelungenes Wildlife-Foto, von dem nur der Fotograf etwas weiß?!

Erforderliches Wissen & Können

„Ich möchte Tiere fotografieren, welche Kamera brauche ich?“ So oder so ähnlich gibt es die Frage tausendfach in Foren und Sozialen Medien.

Doch halt! Wie bei allen Fragen der Fotografie steht am Anfang die Frage, was man denn überhaupt fotografieren möchte. Danach kommt man zum erforderlichen Wissen, baut sein praktisches Können aus und erst dann geht es zur Ausrüstung.

Was möchte ich fotografieren?

Grizzly-Bären beim Lachsfischen in Alaska, Ameisenportraits mit großen Augen, Falken bei der Jagd oder Fische unter Wasser? Fluchttiere oder Raubtiere? Du siehst, es könnte unterschiedliche Lösungen geben…

Wie soll mein Bild aussehen?

Wenn du diesen Text hier liest, hast du mindestens ein Bild davon im Kopf, wie dein absolutes Wildtier-Foto aussieht! Doch wie kommst du dahin?

Probiere mit dem gewünschten Blickwinkel, deiner Ausrüstung und bei dem gewünschten Licht, ein solches Bild von deinem Hund oder einem beliebigen Gegenstand zu machen, der sich möglichst wenig bewegt und nicht wegrennt.

Bella und Sammy beim Toben (200mm f4 1/1000 ISO 100)

Bella und Sammy beim Toben (200mm f4 1/1000 ISO 100)

Da wir unsere Bella auch in Bewegung schon recht viel fotografiert haben, brauchen wir nicht so viel üben, um die relativ trägen Robben und Seehunde abzulichten.

Bildkomposition

Für die Tiere gut, für Fotografen doof: Wildtiere sind normalerweise farblich gut an ihre Umgebung angepasst, um sich zu tarnen. Denken wir an die flauschigen kleinen Wildentenküken: sitzen sie still im Schilf, hebt sich ihr Gefieder farblich nicht ab und sie sind vollkommen unsichtbar. Auf dem Wasser hingegen hat man einen perfekten Hintergrund.

Erdmännchen - Hintergrund freigestellt

Erdmännchen – Hintergrund freigestellt

Gut für ein Wildtier-Foto ist meist, wenn man ein wenig der natürlichen Umgebung erkennen kann. Das macht das Bild „ehrlicher“ und mehr authentisch. Wo liegt die Robbe, wo sitzt die Möwe, ist der Hase im Gras, sitzt das Murmeltier vor seinem Bau? Alles das erzählt eine kleine Geschichte „ringsrum“.

Erforderliche Ausrüstung

Kamera

Als Kamera eignet sich jede Spiegelreflex- oder spiegellose Systemkamera, die einen Wechsel des Objektivs erlaubt. Natürlich kann man auch mit dem Handy Wildtierfotos machen, aber durch den extremen Weitwinkel und die kleine Blende der winzigen Kameras kommt man entweder nicht nahe genug heran oder bekommt kein schönes Bokeh, also diesen tollen unscharfen Hintergrund.

Objektive

Das Objektiv dürfte der wichtigste Ausrüstungsgegenstand bei der Windtierfotografie sein. Brennweite und Lichtstärke sind hier die ausschlaggebenden Kennzahlen.

Welches Objektiv? Brennweite berechnen

Erfahrene Fotografen brauchen keinen Brennweiten-Rechner, sie haben schon im Gefühl, welches Objektiv mit welcher Brennweite man benötigt. Trotzdem fällt es manchmal schwer, den Idealwert zu bestimmen.

Wir mussten bei unserem Vorhaben, Robbenbabies auf Helgoland zu fotografieren, auch erst einmal nachrechnen:

  • Abstand zum Objekt: Der vorgeschriebene (und sinnvolle!) Abstand zu den Tieren ist 30m.
  • Größe des Motivs: Ein neugeborenes Robbenbaby ist etwa 50cm lang.
  • Größe des Sensors: Wir verwenden einen APS-C Sensor in unseren Kameras, also rund 23 x 16 mm

Recht einfach gestaltet sich die Berechnung mit einem Online-Rechner oder einer geeigneten Smartphone-App.

In unserem Robben-Beispiel (30m Abstand + 0,5m großes Robbenbaby + APS-C-Sensor) kommen wir auf eine Brennweite um die 1300 Millimeter. Dann würde das Robbenbaby perfekt vom linken zum rechten Bildrand abgelichtet werden. Bei einer Vollformatkamera bräuchte man rein rechnerisch um die 2000 Millimeter. Halleluja, das wird ein Ofenrohr!

Lösung des Brennweiten-Problems

  1. Kaufen: Eine Lösung dürfte sein, zum Fotohändler des Vertrauens zu spazieren und z.B. ein Canon 1200mm 5.6 L zu bestellen. Allerdings sollte man die gut 80.000€ nicht vergessen, die das Teil mindestens kostet. Es gibt auch preiswertere Alternativen, aber alle im vier- bis fünfstelligen Bereich.

  2. Objektiv leihen: Für einen kurzen Einsatz lohnt es immer, Ausrüstung bei einem der vielen Verleiher oder von privat zu leihen. Die Preise unterscheiden sich stark, man sollte gründlich vergleichen. Bei exotischen Modellen macht es Sinn, sich rechtzeitig in Foren und Gruppen zu informieren, wer privat ein Objektiv verleiht.

  3. Nutzen, was man hat: Wir haben ein Canon 70-200 4L ohne IS (Bildstabilisierung). Dieses Objektiv ist mit rund 600€ recht preiswert und für die Qualität der Bilder unschlagbar. Es gibt auch ein wesentlich teureres 70-200mm mit einer Blende 2.8 und mit IS und USM, was uns aber von der Bildqualität nicht überzeugt hat.

  4. Adapter nutzen: Um die 200€ kostet ein Telekonverter. Dieser Adapter wird zwischen Kamera und Objektiv gesetzt und die Brennweite um den angegebenen Wert multipliziert. Aus einem 200mm-Obkjektiv wird mit einem 2x-Telekonverter also ein 400mm-Objektiv.

  5. APS-C nutzen statt Vollformat: Nutzt man eine APS-C-Kamera, entsteht durch den sogenannten Crop-Factor ein kleinerer Bildausschnitt. Dieser entspricht bei einem 200mm-Objektiv dann in etwa einem Bild von einem 300mm-Objektiv (Cropfactor 1,5x).
    Kombiniert man dann (wie wir) APS-C und Telekonverter, kommt man auf einen Bildauschnitt eines etwa 600mm-Objektivs (200mm x 1,5 Crop = 300mm x 2.0 Telekonverter = 600mm)
    Ich seh dich!

    Ich seh dich!

  6. Näher ran: Kennt man sein Zielmotiv genau, kommt man eventuell ein Stückchen näher an das Tier (ohne es zu stören!) und „spart“ damit jede Menge Brennweite. In unserem Beispiel oben: Kommt man auf 20m (statt 30m) an die Robben heran, benötigt man nur „noch“ 800mm Brennweite. Mehr dazu im Abschnitt „Tarnung“.

  7. Bildausschnitt: Eine normale Kamera liefert heutzutage um die 20 Megapixel (MP), unsere Canon 60D liefert 18MP und die Sony Alpha 24MP. Bei 24 Megapixeln ist das Bild also 6000×4000 Pixel groß. Für die Darstellung im Internet braucht man wesentlich weniger. Ein Full-HD-Bild (1920×1080 Pixel) hat nur 2,07 MP, ein 4k-Bild (3840x2160MP) nur rund 8MP. Wir können also problemlos in der Bildverarbeitung einen Ausschnitt wählen.
    50 Prozent Bildausschnitt wählen in Capture One

    50 Prozent Bildausschnitt wählen in Capture One

    In der Praxis haben wir für unser Robbenexperiment mit einem Ausschnitt von 50% gerechnet, also ringsherum 25% des Bildes abzuschneiden. Wir nehmen dazu an, dass ein Robbenbaby einfach doppelt so groß wäre, also etwa einen Meter. Berechnen wir dann neu, kommen wir auf eine erforderliche Brennweite von etwa 600mm – et voilà – siehe oben: perfekt!!

Stativ oder Bodenstativ

Kennst du diese „von-oben-herab“-Hundefotos? Irgendwie wirken sie immer seltsam. Ein Wildtier aus „falscher“ Perspektive fotografiert wirkt noch viel unnatürlicher. Die beste Lösung ist immer, „auf Augenhöhe“ zu fotografieren.

Bodenstativ Brauch ich nicht

Bodenstativ? Brauch ich nicht!

Dazu eignet sich bei relativ unbeweglichen Objekten ein Stativ. Je länger die Brennweite und je schlechter das Licht ist, desto nötiger wird ein Stativ. Das Gewicht größerer Objektive zieht auch recht schnell in den Armen.

Normale Stative lassen sich oft recht weit absenken oder durch Abspreizen der Beine fast flach auf den Boden legen, die dünnen Beine drücken aber gerne in weichen Sand oder Boden ein und die Segmente mögen Salzwasser und feinen Sand auch nicht besonders. Die perfekte Lösung dafür ist ein sogenanntes Disk-Bodenstativ, dass wie ein Teller flach auf dem Boden aufliegt, keinerlei störenden Beine hat und im weichen Sand nicht einsackt.

Bei der Auswahl des Stativs solltest du darauf achten, dass es das schwere Teleobjektiv wirklich tragen kann und nicht bei der ersten Windböe mitsamt Kamera im Schlamm landet.

Kleidung & Tarnung

Für die Robbenfotografie auf Helgoland braucht man keine Tarnung. Das macht die Sache ziemlich einfach. Trotzdem ist es sinnvoll, sich Tieren nie aufrecht und direkt zu nähern, sondern lieber kleingeduckt, langsam und seitlich. Kleidung in dunklen Farben statt poppigen Outdoorklamotten kann nicht schaden.

Tarnung ist alles!

Tarnung ist alles!

Hat man eine Unterlage dabei und kann sich wie die Robben selbst in den Sand legen, vergessen die Tiere bereits nach kurzer Zeit, dass sich dort etwas bewegt hat und entspannen vollkommen. Was natürlich keinesfalls bedeutet, dass man sich auf diese Weise auf 3 Meter nähern sollte!

In den Videos des dänischen Wildlife-Fotografen Morten Hilmer kann man lernen, dass eine angemessene Tarnung wie ein Tarnumhang oder viel besser noch ein Tarnzelt einen riesigen Vorteil bringen.

Wildtierfotografie mit Hund

Ein uns bekannter Jäger, der selbst einen großen Hund besitzt und diesen zur Jagd mitnimmt, hat uns klar signalisiert: Vergiss es! Jedes Wild in den heimischen Wäldern weiß eher von deinem Hund als der Hund vom Wild.“

Und das scheint zu stimmen. Seit wir immer mit dem Hund wandern, haben wir viel weniger Kontakt mit Wild als vorher. Obwohl der Hund immer direkt bei uns läuft. Schlaue Wildtiere.

Beste Zeit für Robben- und Seehund-Fotos

Die Jungen der Kegelrobben werden zwischen Anfang November und Ende Februar auf Helgoland geboren. Genauer gesagt auf der Insel Düne vor Helgoland. Wer sich nicht ganz sicher ist, ob schon Robbenbabies da sind, fragt beim Verein Jordsand auf Helgoland nach.

Ich liebe Helgoland

Ich liebe Helgoland

Hier kannst du direkt zu den Robbenbabies in unserem Helgoland-Reisebericht springen.

Fazit: Wildtierfotografie ist toll

Das größte Raubtier Deutschlands ganz nah und in freier Wildbahn fotografieren zu dürfen, hat uns so richtig angefixt für die Wildtierfotografie!

Dachten wir doch, dass Wildtierfotografen einfach Jäger mit „Klick“ statt „Peng“ sind, können wir jetzt viel besser nachvollziehen, welchen unglaublichen Reiz es ausmacht, solche wunderschönen Tiere frei lebend zu beobachten.

Bis zu Bär, Wolf und Luchs bleibt es wohl ein langer Weg, fangen wir mal bei Murmeltieren, Lemmingen, Vögeln und Rentieren an.

Links & Tipps

  1. Dietrich Bachmann says:

    Wildtierfotografie ist ja keine leichte Sache. Meine Frau fotografiert sehr gern und will diesen Bereich von Fotografie auch probieren. Ich habe ihr vorgeschlagen, ein Nachtsicht- Fernglas zu kaufen. Dann können wir Tiere während der Nacht beobachten.

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